Michel Foucault ist unstrittig einer der wichtigsten Denker des 20. Jahrhunderts – und zugleich einer der umstrittensten. Seine Texte haben Einfluss über alle Fächergrenzen hinweg auf ganz unterschiedliche Disziplinen gehabt, gelten allerdings als schwer verständlich und voller Brüche in seinen Begrifflichkeiten, Methoden und Themen. Tatsächlich übersieht man schnell die vorgebrachten Argumente in der Fülle historischer Details, verwechselt im herbeizitierten Stimmengewirr die Sprecher_innen und verirrt sich im ständigen Wandel von Foucaults Terminologie.
Im Seminar wollen wir uns diesen Schwierigkeiten stellen und den Versuch unternehmen, Foucaults eigene Vorgehensweise zu verstehen. Dazu gehen wir einerseits systematisch vor und erschließen uns die wichtigsten Grundbegriffe, darunter Wissen, Macht und Subjektivierungsweisen. Andererseits besteht Foucaults Vorgehensweise gerade in der Verschlingung von Philosophie, Geschichte und Politik, denn er stellt philosophische Fragen in der Analyse von historischem Material und zeigt so, welche politische Signifikanz die uns scheinbar vertrauten Wahrheiten besitzen. Daher liegt ein zweiter Schwerpunkt des Seminars auf der Lektüre der fünf Vorlesungen Die Wahrheit und die juristischen Formen, an denen sich das Ineinandergreifen von Politik, Geschichte und Philosophie in Foucaults Vorgehensweise hervorragend diskutieren lässt.
Bitte beschaffen Sie sich den Text von Die Wahrheit und die juristischen Formen vor Anfang Mai in folgender Ausgabe:
Foucault, Michel 2003 [1974]: Die Wahrheit und die juristischen Formen. Mit einem Nachwort von Martin Saar. Übersetzt von Michael Bischoff. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Allgemeine Literatur zur Vorbereitung
Eribon, Didier 1993 [1989]: Michel Foucault. Eine Biographie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Kelly, Mark G. E. 2009: The Political Philosophy of Michel Foucault. New York/London: Routledge. Sarasin, Philipp 2008: Michel Foucault zur Einführung. Hamburg: Junius.