Umschlag

Die Normalisierung von Ein­kommen­steuern. Eine Analyse der Ein­führung der Reichs­ein­kommen­steuer 1919/1920

In Zeitschrift für Diskursforschung 3.1 (2015), 5–28.

Zusammenfassung

Die Macht moderner Staaten manifestiert sich auf besondere Weise in ihrer Fähigkeit, die Subjektivität ihrer (Staats-)Bürger hervorzubringen. Ein offensichtliches, aber kaum erforschtes Mittel hierzu sind Steuern. Der vorliegende Beitrag wendet sich dieser Macht von Steuern am Beispiel der erstmaligen Einführung nationaler Einkommensteuern in der Weimarer Republik 1919/1920 zu. Dabei steht in zweifacher Hinsicht die Frage der Normalisierung im Zentrum: Erstens erkunden wir, wie die Normalität einer allgemeinen und ungewohnt hohen Einkommensteuer, im Verhältnis zu bisherigen Steuern einen sehr invasiven Eingriff, hergestellt wurde. Zweitens fragen wir, welche Normalisierungseffekte die Steuergesetzgebung in der sozialen Umwelt erzeugte, in die sie eingeführt wurde. Um diesen Fragen nachzugehen, untersuchen wir unter Rückgriff auf die der foucaultschen Machtanalytik entlehnten Kategorien der veridizierenden, der disziplinierenden und der versicherheitlichenden Macht den Gesetzesentwurf der Reichseinkommensteuer und die Debatte über diesen Entwurf in der Nationalversammlung im Dezember 1919.