Der Werturteilsstreit widmet sich grundsätzlich der Frage, inwiefern Wissenschaften wertfrei vorgehen müssen oder dies gerade nicht können – und was unter “wertfrei” genau zu verstehen ist. Schon in der Kontroverse zwischen Max Weber und Gustav Schmoller geht es nicht nur darum, ob und wie Wissenschaftler_innen als Wissenschaftler_innen normative Urteile vorbringen dürfen, sondern auch darum, welche Vorstellung wir uns von wissenschaftlichen Praktiken machen, um diese Frage zu beantworten. Sowohl im Zuge des Positivismusstreits zwischen Theodor W. Adorno und Karl R. Popper (aufgegriffen und zugespitzt von Jürgen Habermas und Hans Albert) als auch der neueren Debatte, die wesentlich aus der (analytischen) Philosophie stammt, kommen weitere Themen und Argumente hinzu. Das Seminar widmet sich diesen Auseinandersetzungen vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte über die Rolle von wissenschaftlichen Fakten in der Politik.
Das Seminar ist rund um die Organisation einer Abschlusskonferenz (voraussichtlich am 17. Juli 2020, ganztägig) aufgebaut, auf der die Teilnehmer_innen eigene Diskussionsbeiträge präsentieren und diskutieren. Das Seminar verläuft daher nur in den ersten zwei Dritteln wie ein gewöhnliches Seminar, d.h. es ist darauf konzentriert, die mitunter anspruchsvollen Texte gemeinsam zu erarbeiten und die Argumente zu diskutieren. Das letzte Drittel des Seminars ist der schriftlichen Vorbereitung und der Durchführung der Abschlusskonferenz gewidmet, die als Block die Veranstaltung abschließen soll und für studentisches Publikum auch jenseits des Seminars geöffnet ist.
Preparatory Readinge
Albert, Hans und Ernst Topitsch (Hrsg.) (1971): Werturteilsstreit. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Theodor W. Adorno, Hans Albert, Ralf Dahrendorf, Jürgen Habermas, Harald Pilot und Karl R. Popper (Hrsg.) (1969), Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie. Neuwied: Luchterhand.
Schurz, Gerhard und Martin Carrier (Hrsg.) (2013): Werte in den Wissenschaften. Neue Ansätze zum Werturteilsstreit. Berlin: Suhrkamp.
Requirements
Das Seminar richtet sich an Studierende im Master und setzt Grundkenntnisse in der Kritischen Theorie und/oder Wissenschaftstheorie voraus.